Hoffnung

31. Oktober 2017 – Ein Abstecher nach Gibraltar brachte uns in eine absolut faszinierende Stadt.

Ich habe noch nie eine Landebahn gesehen, die eine Straße kreuzt und bei der Schranken geschlossen werden, wenn gerade ein Flugzeug startet oder landet, um den Straßenverkehr zu unterbrechen. Auf dieser engen Enklave Großbritanniens am Ende Spaniens gibt es das. Und noch mehr. „The Rock“, das Wahrzeichen dieser Halbinsel an der Meerenge zwischen Afrika und Europa in der das Mittelmeer in den Atlantik übergeht ist eine weitere faszinierende Landmarke. Dieses Naturschutzgebiet ist der einzige Rückzugsort in Europa für über 250 Berberaffen, die zum teil bedenklich zutraulich auf Touristen reagieren und zu denen ich tunlichst Abstand hielt.

Mit seinen 426 Metern höhe ist er ein optimaler Aussichtspunkt für Touristen. Im zweiten Weltkrieg war er einer der Pfeiler für die Verteidigung der Einfahrt ins Mittelmeer. Entsprechend gibt es auf dem Berg auch noch etliche alte Befestigungsanlagen. Etwas abseits der Touristenpfade habe ich diese verfallene Gebäude gefunden. Mich hat das linke Fenster fasziniert, das mit normalen Steinen wie notdürftig „zugemauert“ wirkt.
Ich kenne die Geschichte dieses Gebäudes und den Grund für diese „Mauer“ nicht. Ich habe aber gelesen, dass die Festung während des 2. Weltkriegs aus Sorge vor einem Angriff der Deutschen ausgebaut wurde.

Vielleicht wurde in diesem Zuge auch dieses Fenster notdürftig verschlossen. Dieses sorgenvolle Handeln brachte mich auf die Idee zu dem Text für dieses Bild. Und natürlich wollte ich noch unbedingt den Vogel auf dem Bild festhalten, der sich freundlicherweise als Fotomodell anbot. Man weiß ja nie, wie lange sich so ein gefiederter Freund Zeit nimmt. Folglich musste ich mich ein wenig beeilen. Aber seine Anwesenheit fest zu halten war mir wichtig. Denn während mir von meinem Standpunkt aus nur der Blick auf diese Wand und den neblig blauen Himmel dahinter blieb, sah er doch schon die Weite der Landschaft. Als ob er über alle Sorge erhaben wäre.

Gibraltar im Oktober 2017

Vergangenheit und Zukunft

13. Juni 2015. Ich kann mir als auf der Alb aufgewachsener Schwabe zwar nicht erklären, was ein Stahlwerk mit einem Landschaftspark zu tun hat, aber in Duisburg scheint das kein Widerspruch zu sein. Zumal der Landschaftspark Duisburg mit seinen gewaltigen alten Maschinen ein wahrhaftes Eldorado für Fotografen ist. Auch an diesem Tag war das so. Es wuselte regelrecht vor Menschen und meine Frau und ich waren zwei davon.

Dieser alte Hochofen hatte es mir angetan. Das Wirrwarr aus Leitungen die früher einmal alle irgendeine Funktion erfüllten spiegelte für mich eine beachtliche Ingenieurskunst wieder. Und das in Kombination mit der Mächtigkeit dieser Anlage bewog mich dazu ein Bild aus der Froschperspektive aufnehmen zu wollen. Einfach um die Größe noch zusätzlich zu unterstreichen.

Also legte ich mich zwischen all dem Gewusel mit der Kamera auf den Boden und wartete bis das Bild nahezu Menschenleer war. Was durchaus den ein oder anderen verwunderten Blick einbrachte, weil ich so eine ganze Weile im Dreck lag bis das Motiv frei von Menschen war. Bis auf zwei, die sich beharrlich weigerten. Das eine war ein Security-Mann

und das zweite war meine Frau. Irgendwann gab ich auf. So wurde diese Bild eines der wenigen, aus denen ich im Nachhinein von Hand bedeutende Bildelemente herausretuschierte.


Was bei all den Menschen auf dem Gelände aber trotzdem greifbar war, war die Verlassenheit dieser langsam verfallenden Anlage. Ich habe mir vorgestellt wie es wohl war, als die Maschinen noch liefen und die Menschen keine Touristen sondern Arbeiter waren. Wie die Hitze und der Staub einem entgegen schlugen und die Arbeiter auf diesem Gelände einen bedeutenden Beitrag zum großen Traum von allgemeinem Wohlstand leisteten.

Heute liegt diese Anlage verlassen und zerfällt langsam vor sich hin. Auch wenn sie als Industriedenkmal erhalten bleiben wird, ist sie dennoch nur noch ein Mahnmal alter Träume und führt uns die Vergänglichkeit unseres Strebens vor Augen. Diese Träume sind tot. Was mich jedoch zuversichtlich stimmt ist, dass wir als Menschen in der Lage sind uns neue Träume und Ziele zu suchen. Und das wir mit unserem Wissen und unserer Erfahrung in der Lage sind diese auch zu einem beachtlichen Teil um zu setzen.

So entstand dann auch der Text, der einladen möchte nicht krampfhaft und verbittert an Altem fest zu halten, sondern dankbar für das vergangene und zuversichtlich auf das kommende zu blicken. Wir als Menschen haben das Potential dafür geschenkt bekommen und wir sollten es auch nutzen.

Stolze Träume sind gestorben.
Seelenscherben liegen rings umher.
Demut, Dankbarkeit und Zuversicht soll daraus werden.
Denn Tod heißt immer auch neues Leben.
Und wo uns die Vergangenheit die Perspektive nahm,
soll uns die Zukunft eine neue geben.

Duisburg im Juni 2015

Was war zuerst?

In den letzten 13 Jahren wurde ich bei Ausstellungen immer wieder gefragt, was denn zuerst da wäre? Das Bild oder der Text?

Tatsächlich lässt sich das nicht generell beantworten. Viele Bilder schlummern lange in der Schublade und viele Texte warten Jahre im Textbuch bis sie eines Tages aufeinander treffen und zu einem Paar werden. Äußerst selten sind hingegen die Momente, in denen ein Text nach einem Bild verlangt und ich dieses Bild extra dafür kreiere. Was hingegen häufiger passiert ist das mir ein Bild einen Text „zuflüstert“ wenn man ihm lange genug still zuhört.

In diesen Fällen ergibt sich ein schöner Prozess, der mich im ersten Schritt beim Fotografieren ganz im Augenblick und der Wahrnehmung dessen ankommen lässt, was gerade ist. Heute gern mit dem Begriff „Achtsamkeit“ umschrieben. Und der mir im zweiten Schritt die Beschäftigung mit unterschiedlichsten Aspekten des Lebens schenkt. Dieses „den eigenen Bildern zuhören“ wurde dann auch vor einigen Jahren ein Konzept, das ich anderen Menschen in Kursen näher bringe.

Denn im Grunde genommen ist es doch viel spannender zu hören, was einem die eigenen Bilder sagen, als das, was einem Fremde versuchen zu vermitteln. Die einzige Voraussetzung, die man dazu mitbringen sollte ist es, Stille ertragen zu können. Denn Bilder reden in der Regel leise.

Die „Werkstatt“ soll Dir einen kleinen Einblick ermöglichen wie meine Bilder und Texte enstehen.