2024 021 Scheune in der Schweiz

Die Geschichte zum Bild

Eine Scheune im schweizerischen Hasliberg. Was mich an diesem Motiv angesprochen hat, war die abgetragene Farbe über der Bank. Ich konnte mir bildhaft vorstellen, wie die Bäuerin und der Bauer nach einem arbeitsreichen Tag noch auf dieser Bank saßen und sich die Berge in der Abenddämmerung angeschaut haben. Wie viele Generationen wohl auf dieser Bank saßen … wer weiß.

Eines erschien mir jedoch sehr sicher: Noch wenige Generationen vor uns, haben sich die Menschen die dort saßen keine Gedanken über einen Kurztrip mit dem Flugzeug in den Süden gemacht. Sie haben nicht mehrmals am Tag ihre Emails gecheckt, bei Onlinehändlern Werkzeuge bestellt oder sich von ihrem Kühlschrank darauf hinweisen lassen, dass bald die Milch ausgeht. Sie hatten auch keine App die sie mit den neuesten Nachrichten aus aller Welt im 15 Minuten Takt versorgt hat. Und ich ertappe mich dabei, wie ich sie darum beneide in aller Ruhe auf dieser Bank gesessen zu sein. Wohlwissend, dass das Leben zu dieser Zeit in anderer Hinsicht sicher sogar härter war als unser Leben heute. Trotzdem habe ich das Gefühl, als hätten wir trotz allem was wir mit unserem heutigen Wohlstand gewonnen haben, auch etwas verloren. Vielleicht Zeit?

Zeit, die wir heute brauchen, um mit der steigenden Komplexität unserer Welt schritt halten zu können. Die Flut an Informationen, die uns zur Verfügung steht wächst. Die Anzahl an Menschen, die miteinander interagieren auch. Unsere Welt wird komplexer. Vor einigen Jahren sprach man in der Wirtschaft gern von einer „VUCA“-Welt. Volatility – sich schnell ändernd, Uncertainty – unsicher, Complexity – komplex und Ambiguity- widersprüchlich. VUCA eben. Eine Welt der zunehmend schnellen Veränderungen, Unsicherheiten, Widersprüchlichkeiten und Komplexitäten. Viele Unternehmen haben sich mit „VUCA“ beschäftigt, um sich die Frage zu stellen, wie man sich als Unternehmen an diese neu „Art Welt“ anpassen muss. Heute wird schon über ein neues Akronym diskutiert. Nach VUCA folgt BANI: Brittle – brüchig, Anxious – ängstlich, Non-Linear – unvorhersehbar und incomprehensible – unverständlich. Eine brüchige, verunsichernde, unvorhersehbare und unverständliche Welt. Während VUCA versucht hat, eine komplexe Welt zu umreisen, versucht BANI eine chaotische Welt zu beschreiben. Innerhalb von weniger als 10 Jahren von der Komplexität ins Chaos. Was kommt als nächstes?

Für die Menschen von damals wäre die Welt von heute zu schnell – davon bin ich überzeugt. Was wird die Welt für uns in Zukunft sein? Gibt es einen „Grenzpunkt“ an dem „der Mensch“ nicht mehr mit der Geschwindigkeit mithalten kann, die er sich selbst vorgibt. Und falls ja, was wird dann passieren? Eines ist ziemlich sicher: wir werden es herausfinden.

Bild & Text

Wo sind die Menschen geblieben, die Zeit hatten, sich auf diese Bank zu setzen?
Deren Welt ein paar Täler umfasste und an den Bergen endete.
Wir haben sie zu einer aussterbenden Art erklärt und beschlossen, unseren Horizont zu weiten.
Unsere Welt ist zu anspruchsvoll und zu komplex für diese Bank.

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Bildnummer: 01.200700005_40x60_01
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2024 005 Hütte aus Zweigen

Die Geschichte zum Bild

Nein, diese Hütte stand nicht irgendwo in der Wüste bei den alten Wüstenvätern. Sie stand ganz banal irgendwo auf einem Walderlebnispfad im Schwarzwald, den wir mit unseren Kindern entlangschlenderten. Und es waren auch nicht unsere Kinder, die mich dazu gedrängt haben, eine Geschichte über diese Hütte zu erzählen. Wie so oft fand das Bild erst später den Text – oder umgekehrt?

Kleiner Tipp am Rande: Mach einmal ein Experiment. Schau Dir irgendein Foto an, das Du vor längerer Zeit gemacht hast, betrachte es eine Weile, ohne Dir die Frage zu stellen, wo Du es aufgenommen hast und wie die Situation dort war. Lass einfach das Bild auf Dich wirken und versuche hinzuhören, welche Geschichte es Dir erzählen möchte. Es kann sein, dass Du ins Staunen darüber gerätst, was Deine Bilder Dir alles zu sagen haben.

Aber zurück zu der Hütte. Als ich dieses Bild anschaute, beschäftigte mich einmal mehr die Frage, was und wie viel nötig ist, um glücklich sein zu können. Ich muss gestehen, dass auch ich zu den Menschen zähle, die sich über schöne Dinge und – vor allem neuen Besitz – freuen können. Aber wie vermutlich alle von uns mache auch ich die Erfahrung, dass Wünsche, wenn sie erfüllt werden, schnell Junge bekommen. Und manchmal kann es dann richtig anstrengend werden, sich um diesen „Nachwuchs“ zu kümmern. Zumal wir ja heute nicht mehr nur in ein Geschäft oder Kaufhaus gehen, um aus einer überschaubaren Auswahl an Produkten oder Dienstleistungen auszuwählen. Dank Internet halten wir heute – im wahrsten Sinne des Wortes – die ganze Welt in Händen, wenn wir uns auf die Jagd nach neuem Glück begeben. Entsprechend unüberschaubar ist die Auswahl und immer schneller wird Altes durch Neues ersetzt. Manchmal habe ich den Eindruck, wir suchen nicht nach bestimmten Gütern, sondern einfach immer nur nach dem „letzten Schrei“ unserer Konsumgesellschaft.

Was wäre, wenn wir nicht dem „letzten Schrei“ nachjagen würden, sondern zufrieden wären mit dem, was wir haben? Wir hätten vermutlich mehr Zeit. Aber mehr Zeit für was? Vielleicht ist auch das oft der Grund für unsere Kauflaune. Die unbewusste Angst sich anstatt mit neuem Besitz, gutem Essen, tollen Reisen sich plötzlich mit etwas auseinander setzten zu müssen, dass manche von uns in Unruhe versetzt – uns selbst.

Ich kenne Menschen, die mir erzählen, dass sie beinahe wahnsinnig werden, wenn sie „ganz mit sich alleine sind“. Wenn nur Stille um sie herrscht und der „letzte Schrei“ ausbleibt. Was mag da in einem sein, vor dem man sich so sehr fürchtet, dass man ihm nie begegnen möchte?

Was wäre, wenn wir uns gestern wirklich den „aller letzten Schrei“ von allem gekauft hätten? Und danach nichts mehr Besseres kommen würde. Vielleicht würde dann manch einer merken, dass man auch ganz glücklich sein kann, mit dem was man schon hat, weil zum Beispiel die Natur nicht schöner wird, in dem man sie durch ein schärferes Display anschaut, sondern das Handy in die Tasche steckt und die Welt einmal live und in Farbe wahrnimmt.

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Ein Schüler sagte zu seinem Meister: „Meister, ich will der reichste Mensch der Welt werden, damit ich mir die schönsten und besten Güter leisten kann.“ Der Meister forderte den Schüler auf: „Schließ’ die Augen und stell dir vor, die Holzschale, aus der du dein Wasser trinkst, wäre die teuerste Schale, die es zu kaufen gäbe. Der grobe Stoff deines Gewandes wäre der kostbarste Stoff, der auf der Erde für Geld zu erwerben wäre, und die Hütte, in der du lebst, wäre das teuerste Haus, das sich je ein Mensch würde leisten können. Was wäre dann?“ „Dann wäre ich glücklich“, erwiderte der Schüler mit einem freudigen Lächeln. „Warum wartest du dann damit, bis du reich bist?“

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