2024 037 Brücke mit LKW

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Eigentlich ein typisches „Langeweile-Bild“, das auf einem „Hausrundenspaziergang“ bei uns um die Ecke aufgenommen wurde. Bevor man an dieser Autobahnbrücke vorbeiläuft, geht man längere Zeit über die Felder, die an diesem Tag schon leicht mit Schnee „gezuckert“ waren. An solchen Tagen strahlt die Landschaft bei uns eine wohltuende Ruhe aus – bis man zur Autobahn kommt. Da rast das Leben im wörtlichen Sinne dann an einem vorbei. Ein Kontrast, der einem durchaus auffällt.

In der Welt, in der ich ungefähr ein Drittel meines Lebens verbringe, geht es ähnlich schnelllebig zu. Die IT Branche gilt – nicht ohne Grund – als einer der wesentlichen Katalysatoren für die Beschleunigung unseres Erfindungsreichtums. Wenn man alleine unsere medizinischen Errungenschaften der letzten 50 Jahre anschaut oder das Wissen, das wir in Bezug auf die Zusammenhänge von Ökosystemen erworben haben, sind das großartige Fortschritte. Und das sind ja nicht die einzigen Bereiche, in denen wir immer schneller Neues auf die Märkte bringen. Genau das macht mich aber auch nachdenklich. So viel Neues in so kurzer Zeit in so vielen Bereichen. Ich frage mich oft, was davon wirklich zu einer Steigerung unserer Lebensqualität führt und was nicht. Meiner Meinung nach könnten wir manchen Fortschritt auch langsamer angehen, ohne dabei an Lebensqualität zu verlieren. Vielleicht sogar mit der Folge, dass uns die Entschleunigung mehr bringen würde als die permanent steigende Anhäufung von Produkten und Dienstleistungen.

Ich stelle mir die Frage, warum wir jedes Jahr ein neues Handymodell „brauchen“. Warum wir immer schnellere Rechner in immer kürzeren Zyklen auf den Markt bringen müssen. Warum die globalen Märkte nur das Prinzip Wachstum kennen usw. Die Antworten, die ich darauf erhalte, ähneln sich: So funktioniert der Markt eben. Wer zu langsam ist, fliegt aus dem Rennen. Wenn wir es nicht tun, tun es andere. Das steigert unseren Gewinn. Man könnte noch viele dieser Glaubenssätze aneinanderreihen. Mir stellen sich vor allem zwei Fragen: Wer ist der Taktgeber unseres Handelns? Und wenn wir ihm in der Tat so ausgeliefert sind, wie wir es selbst oft postulieren: Was ist dann mit der von uns so hochgehaltenen und erstreben persönlichen Freiheit und Autonomie?

Ich lade Dich zu einem kleinen Experiment ein: Gib Dich einmal nicht mit der ersten Antwort zufrieden. Sondern suche nach dem Grund dahinter und dem Grund dahinter und dem Grund dahinter und dem Grund dahinter und dem Grund dahinter. Wenn Du auf diese Weise „5 Treppenstufen“ tiefer und damit näher am Fundament Deines bzw. unseres Handelns angekommen bist, wäre ich neugierig darauf, welche Schlüsse Du gezogen hast. Vielleicht hatte C.S. Lewis ja recht, als er sagte: «Vielleicht ist dies nicht ‹die beste aller möglichen Welten›, aber es ist die einzig mögliche.» Zugegebenermaßen ein aus dem Kontext gerissenes Zitat.

Wie denkst Du über all das?

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Wir erschaffen keine bessere Welt,
in dem wir eine schnellere Welt erschaffen.
Leben braucht Zeit.

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Bildnummer: Lyrimage_170127_unbenannt_00021
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2024 027 Baum auf Feld

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Ein Baum am Feldrand meines Wohnortes. Ziemlich unspektakulär, es sei denn, man hat das richtige Licht und ist zum rechten Zeitpunkt dort. Dann, wenn die Feldfrucht erst anfängt zu wachen. Freundlicherweise hat der Bauer, der dieses Feld bestellt hat, genau im richtigen Winkel mit seinem Trecker eine Spur hinterlassen, die genau auf diesen Baum zuläuft. Und freundlicherweise hat Gott genau im richtigen Augenblick die Sonne durch die Wolken geschickt. Daran sieht man einmal mehr, dass bei der Landschaftsfotografie- und auch in vielen anderen Genres – der Fotograf den kleinsten Anteil am Bild hat. Die Schöpfer sind andere. Wir sind nur die Dokumentatoren.

Aber zurück zum Bild. Der Baum als Symbol für das Paradies. Für unsere Versagen, Grenzen zu akzeptieren. Sinnbild für die eigentliche Erbsünde des Menschen: Unsere Gier immer mehr zu wollen. Die Sonnenstrahlen die auf die Erde fallen als Sinnbild für einen Himmel, den wir als Menschen durch unser Verhalten zurückgelassen haben. Die Traktor Spur als Metapher dafür, dass der Mensch sich mit seinem Glauben an seine Eigenen Fähigkeiten auf den Weg aus dem Paradies gemacht hat. Und der Acker als das, was uns geblieben ist – eine Welt in dem die meisten für Ihr Überleben hart zu arbeiten haben und auf der an vielen Stellen wahrlich keine paradiesischen Zustände mehr herrschen. Wir haben mit unserem Streben nach Mehr das Paradies verlassen, weil wir der Meinung sind, wir könnten es selber besser machen.

Das klingt sehr negativ in Anbetracht einer Spezies die es geschafft hat auf diesem Planeten 300.000 Jahre zu überleben und eine hochtechnologische Zivilisation aufzubauen. Darüber kann man und darf man staunen und auch dankbar sein für Vieles, was uns gelungen ist. Und trotzdem stehen wir heute an einem Punkt, an dem wir die verfügbaren Ressourcen unseres Heimatplaneten schneller aufbrauchen, als diese nachproduziert werden können. Während wir 1961 noch weniger verbraucht haben, als die Erde an Ressourcen bereitstellte, hatten wir im am 2. August 2023 alle Ressourcen eines Jahres geplündert. Wir leben auf Pump. Das sollten wir bei allem Schönen und Guten, was wir genießen dürfen, nicht vergessen. Und deshalb werden wir nicht darum herumkommen uns mit der Frage des bewussten Verzichts wieder einmal Auseinander zu setzen. Denn selbst wenn man die Biblische Erzählung des Paradieses nur für eine Geschichte halten mag, sind wir gerade dabei diese Geschichte (ein zweites Mal) Wirklichkeit werden zu lassen. Erstaunlicher Weise wieder aus den gleichen Gründen. Da ist sie wieder – unsere Erbsünde. Aber vielleicht schaffen wir es ja 300.000 Jahre später mit einem – hoffentlich – gereifteren Verstand dieses Mal den Apfel nicht zu pflücken, sondern ihn da hängen zu lassen, wo er allen Menschen am meisten nutzt. Manche Erkenntnisse sollten wir nicht pflücken. Das wäre wirkliche menschliche Größe.

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Reife bedeutet auch die Fähigkeit zu bewusstem Verzicht. 
Wären wir Menschen dazu in der Lage,
würden wir heute noch im Paradies leben. 

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Bildnummer: Lyrimage_200417_Weissach_00049
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2024 005 Hütte aus Zweigen

Die Geschichte zum Bild

Nein, diese Hütte stand nicht irgendwo in der Wüste bei den alten Wüstenvätern. Sie stand ganz banal irgendwo auf einem Walderlebnispfad im Schwarzwald, den wir mit unseren Kindern entlangschlenderten. Und es waren auch nicht unsere Kinder, die mich dazu gedrängt haben, eine Geschichte über diese Hütte zu erzählen. Wie so oft fand das Bild erst später den Text – oder umgekehrt?

Kleiner Tipp am Rande: Mach einmal ein Experiment. Schau Dir irgendein Foto an, das Du vor längerer Zeit gemacht hast, betrachte es eine Weile, ohne Dir die Frage zu stellen, wo Du es aufgenommen hast und wie die Situation dort war. Lass einfach das Bild auf Dich wirken und versuche hinzuhören, welche Geschichte es Dir erzählen möchte. Es kann sein, dass Du ins Staunen darüber gerätst, was Deine Bilder Dir alles zu sagen haben.

Aber zurück zu der Hütte. Als ich dieses Bild anschaute, beschäftigte mich einmal mehr die Frage, was und wie viel nötig ist, um glücklich sein zu können. Ich muss gestehen, dass auch ich zu den Menschen zähle, die sich über schöne Dinge und – vor allem neuen Besitz – freuen können. Aber wie vermutlich alle von uns mache auch ich die Erfahrung, dass Wünsche, wenn sie erfüllt werden, schnell Junge bekommen. Und manchmal kann es dann richtig anstrengend werden, sich um diesen „Nachwuchs“ zu kümmern. Zumal wir ja heute nicht mehr nur in ein Geschäft oder Kaufhaus gehen, um aus einer überschaubaren Auswahl an Produkten oder Dienstleistungen auszuwählen. Dank Internet halten wir heute – im wahrsten Sinne des Wortes – die ganze Welt in Händen, wenn wir uns auf die Jagd nach neuem Glück begeben. Entsprechend unüberschaubar ist die Auswahl und immer schneller wird Altes durch Neues ersetzt. Manchmal habe ich den Eindruck, wir suchen nicht nach bestimmten Gütern, sondern einfach immer nur nach dem „letzten Schrei“ unserer Konsumgesellschaft.

Was wäre, wenn wir nicht dem „letzten Schrei“ nachjagen würden, sondern zufrieden wären mit dem, was wir haben? Wir hätten vermutlich mehr Zeit. Aber mehr Zeit für was? Vielleicht ist auch das oft der Grund für unsere Kauflaune. Die unbewusste Angst sich anstatt mit neuem Besitz, gutem Essen, tollen Reisen sich plötzlich mit etwas auseinander setzten zu müssen, dass manche von uns in Unruhe versetzt – uns selbst.

Ich kenne Menschen, die mir erzählen, dass sie beinahe wahnsinnig werden, wenn sie „ganz mit sich alleine sind“. Wenn nur Stille um sie herrscht und der „letzte Schrei“ ausbleibt. Was mag da in einem sein, vor dem man sich so sehr fürchtet, dass man ihm nie begegnen möchte?

Was wäre, wenn wir uns gestern wirklich den „aller letzten Schrei“ von allem gekauft hätten? Und danach nichts mehr Besseres kommen würde. Vielleicht würde dann manch einer merken, dass man auch ganz glücklich sein kann, mit dem was man schon hat, weil zum Beispiel die Natur nicht schöner wird, in dem man sie durch ein schärferes Display anschaut, sondern das Handy in die Tasche steckt und die Welt einmal live und in Farbe wahrnimmt.

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Ein Schüler sagte zu seinem Meister: „Meister, ich will der reichste Mensch der Welt werden, damit ich mir die schönsten und besten Güter leisten kann.“ Der Meister forderte den Schüler auf: „Schließ’ die Augen und stell dir vor, die Holzschale, aus der du dein Wasser trinkst, wäre die teuerste Schale, die es zu kaufen gäbe. Der grobe Stoff deines Gewandes wäre der kostbarste Stoff, der auf der Erde für Geld zu erwerben wäre, und die Hütte, in der du lebst, wäre das teuerste Haus, das sich je ein Mensch würde leisten können. Was wäre dann?“ „Dann wäre ich glücklich“, erwiderte der Schüler mit einem freudigen Lächeln. „Warum wartest du dann damit, bis du reich bist?“

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