2025 003 Kreuz in Kirche

Geschichte zum Bild

Es herrschte eine geschäftige Betriebsamkeit in dieser Kirche. Touristen wie ich strömten hinein und hinaus, betrachteten die „Kunstwerke“ an den Wänden und bestaunten das mächtige Kirchenschiff. Hier und da setzten sich vereinzelt auch Menschen in die Bänke. Aber abgesehen von diesen wenigen war die Mehrheit in Bewegung.

Ich entschloss mich dazu, es den Wenigen gleichzutun und suchte mir ein „ruhiges“ Plätzchen, um die Szenerie auf mich wirken zu lassen. An Fotografieren war nicht zu denken. Zumindest nicht für mich – zu viele Menschen, die, wie ich, den Raum füllten.

So saß ich eine ganze Zeit unter dem mächtigen Kruzifix. Ehrlich gesagt mehr darüber nachdenkend, ob ich nicht doch ein Bild erhaschen konnte, als in tiefem Gebet versunken. Normalerweise muss man als Fotograf nur ein wenig Geduld haben. Irgendwann bietet sich der Augenblick, in dem gerade niemand vor dem Motiv vorbeischlendert. Doch diesemal nicht. Ich gab auf. Schoss von unten nach oben ein paar Aufnahmen und war darüber enttäuscht, dass ich den Altar nicht mit ablichten konnte. Auch so entstehen manchmal Bilder.

Zuhause sortierte ich, wie gewohnt, die schlechten Bilder aus, um sie gleich zu löschen. Dabei kam mir die Atmosphäre des Doms noch einmal in Erinnerung. All die Menschen, von denen sich sicher viele, wie ich, mehr für den Bau interessierten als für den Mann, der da an dem Kreuz abgebildet ist. Wie wenig wir doch immer wieder an Gott denken, obwohl er uns buchstäblich vor der Nase hängt. So entstand die kurze Geschichte zu diesem Bild. Ich glaube, Gott wird das nicht passieren. Wenn auch nur ein Wesen in diesem Universum existiert, das an uns denkt, dann ist es ausgerechnet der, der alle erschaffen hat und bei dem alle Fäden zusammenlaufen.

In all seiner Geschäftigkeit verliert Gott uns nicht aus den Augen.

Bild & Text

Während seines abendlichen Gebetes fragte Gott einen Christen,
was er den Tag über denn so alles getan hätte,
und er erzählte es ihm.
Dann fragte der Christ Gott zurück:
„Und, was hast Du denn heute alles so gemacht?“
Gott antwortete: „Das willst Du gar nicht alles wissen.
Aber ich erzähle Dir, was das Schönste war:
Ich habe jeden Augenblick dieses Tages an Dich gedacht.“

Daten zum Bild


Bildnummer: Lyrimage_240427_Freiburg_00022-Verbessert-RR.dng
Schlagwörter :

2024 038 Uhr ohne Sekundenzeiger

Geschichte zum Bild

Dieses Bild ist eines der wenigen, die extra für diesen Text arrangiert wurden. Normalerweise konstruiere ich keine Szenen, sondern lasse mich beim Fotografieren eher treiben. Stelle später erst fest welches Bild zu welchem Text passt. Oder lasse mich vom Bild zum Text inspirieren. Hier war es umgekehrt.

Die Uhr im Vordergrund ist die alte Taschenuhr meines Großvaters. In die Jahre gekommen hat sie ihren Sekundenzeiger verloren und man muss sie öfter als früher aufziehen, damit sie einem die Uhrzeit zeigen kann. Diese Uhr zeigt nicht nur die Zeit, sie braucht auch Zeit, damit sie ihrer Bestimmung nachkommen kann. So wie wir Menschen eben auch Zeit brauchen und nicht alles immer nur schneller erledigen können.

Der fehlende Sekundenzeiger gefiel mir in diesem Zusammenhang besonders gut. Dieser unerbittliche Taktgeber, der uns in der Zeit vorantreibt, fehlt hier einfach. Die Zeit verläuft deshalb nicht langsamer, aber gemächlicher. So war diese Uhr das beste Motiv für mich, um den Text des Bildes zu unterstreichen.

Die Kaffeetasse im Hintergrund ist ein zusätzlicher, etwas weniger deutlicher Hinweis darauf, dass wir uns Ruhe gönnen müssen, um im Augenblick anzukommen.

Dieses Bild soll eine Einladung sein, sich aus dem Getriebe und dem Getriebensein des Alltags immer wieder bewusst zu verabschieden. Sich bewusst zu werden, was man gerade tut, aber noch viel wichtiger: Was gerade um einen und in einem ist. Nur so behält unser Geist den Kontakt zu Leib und Seele. Nur so bleiben wir gesund. Nur so schaffen wir den Raum, um uns selbst und Gott zu begegnen.

Bild & Text

Als Gott den Menschen schuf,
suchte er nach einem Ort, an dem er ihm begegnen konnte.
Und so gab er ihm den Augenblick.
Nicht die Vergangenheit, der so Viele nachtrauern
und nicht die Zukunft, auf die so Viele hoffen.
Einfach nur den Augenblick.

Daten zum Bild


Bildnummer: Lyrimage_240823_Weissach_00000
Schlagwörter :

2024 023 Villa am Meer

Die Geschichte zum Bild

Als wir dieses Haus auf Sardinien gebucht haben, kannten wir dessen Geschichte nicht. Wir wussten nicht, dass die Besitzer kurz zuvor verstorben waren, die Erbengemeinschaft sich nicht einig war, was mit dem Haus werden sollte und sich deshalb dazu entschlossen hatte es vorübergehend in ein Ferienhausportal zu stellen, um Mieteinnahmen zu generieren.

Entsprechend war der Zustand und die Einrichtung. Also ich den Wasserhahn aufdrehte kam zunächst nur braune brühe. Das Besteck haben wir erst mal gespült, die Polster im Wohnzimmer waren ein wenig durchgesessen, die Duschwanne hatte Rostflecken und es sah aus, als hätte jemand unmittelbar vor uns alles stehen und liegen gelassen und wäre einfach gegangen. In gewisser Weise war es ja auch so.

Aber gerade diese Atmosphäre entwickelte sich zu etwas ganz Besonderem für mich. Der trockene Garten, der direkt ans Meer führte. Der kleine, hauseigene Strand, an dem man abseits vom Trubel war… ich stellte mir vor was wohl wäre wenn ich eine Zeitmaschine hätte und mich 50 Jahre in die Vergangenheit katapultieren könnte. Als dieses Haus vielleicht gerade gebaut worden war und die Besitzer mit einem guten Glas Wein abends auf der Terrasse dieser Strand Villa das Meer genossen. Ob Sie sich in diesem Augenblick darüber Gedanken gemacht haben, dass 50 Jahre später ein deutscher Tourist in ihrem Haus wohnen würde? Mit Sicherheit nicht. In diesem Augenblick vor 50 Jahren konnte das Leben gefühlt nicht besser werden. Alles war perfekt. Vielleicht haben sie daran zurück gedacht, als das Leben Jahre später immer steiniger wurde. Man kann es ihnen nur wünschen.

Auch wenn ich hier über die Vergangenheit schreibe, liebe ich die Beschäftigung mit der Zukunft sehr. In der IT-Branche, in der ich arbeite, spielt sie die Hauptrolle. Der Großteil dessen was ich in meinem Beruf tue, beschäftigt sich mit der Frage, wie wir die Zukunft gestalten.

In solch einer Zukunftsfokussierten Welt, die heute ja nicht mehr auf bestimmte Branchen beschränkt ist, sondern alle Bereiche unseres Lebens umfasst, dürfen wir, glaube ich, die Gegenwart und die Vergangenheit nicht vergessen. Die achtsame Wahrnehmung und Bewertung dessen, was gerade ist, entscheidet über die Gestaltung unserer zukünftigen Welt. Aber eben auch über die Frage, mit welchen Gefühlen wir eines Tages auf all das zurückschauen werden. Ob wir uns eine Vergangenheit aufbauen, die uns Kraft schöpfen lässt in der Gegenwart.

Es ist wie Schätze sammeln. Wenn wir all die wundervollen Momenten bewusst erleben, ist es, als würden sie ein Bild in unserer Seele malen, vor dem wir immer wieder staunend zur Ruhe finden können, um Dankbarkeit und Zuversicht zu gewinnen. Auf sie sollten wir besonderen Wert legen. Eben wie auf einen Schatz. Wenn wir hingegen unseren negativen Erfahrungen gestatten Bilder in uns zu zeichnen, entstehen keine Schatzkammern sondern Schrottplätze.

Ich erinnere mich gern an diese alte „Bruchbude“ am Meer, die sich auf den zweiten Blick als wirkliche Villa entpuppt hat.

Was ist in Deiner Schatzkammer der Vergangenheit?

Bild & Text

Diese alte Villa mit diesem alten Garten direkt am Strand.
Das Wasser aus den Leitungen war rostig,
der Putz brüchig und die Möbel durchgesessen.
Ich habe noch nie einen Ort erlebt,
an dem Geschichte so geatmet hat wie hier.
Und obwohl ich nichts von den Menschen wusste,
die hier gelebt hatten und kurz zuvor gestorben waren,
war alles an diesem Ort eine einzige schöne
und gleichzeitig schwermütige Aufforderung, das Leben zu schätzen.
Trotz oder gerade wegen all seiner Vergänglichkeit.

Daten zum Bild


Bildnummer: Lyrimage_150531_unbenannt_00082
Schlagwörter :