2024 025 Kreuz mit Weitblick

Geschichte zum Bild

Das Gipfelkreuz der Breiteggspitze bei Wildschönau in Österreich. Was mir hier gefiel, war der Blick in das sonnenbeschienene Tal. Als ob das Kreuz sein Licht nach „da unten“ vorausgeworfen hätte, um den Betrachter in die Weite zu führen.

Das Kreuz Christi ist zu aller erst ein Symbol für die Vergebung Gottes gegenüber uns Menschen. Doch es ist noch mehr. Es ist auch eine Aufforderung an uns, so wie Paulus in Epheser 4, 32 schreibt: „Seid vielmehr freundlich und barmherzig und vergebt einander, so wie Gott euch durch Jesus Christus vergeben hat.“ In dieser gegenseitigen Vergebung liegt nicht nur eine Befreiung für den Mensch, der Vergebung empfängt, sondern auch eine Befreiung für den, der vergibt.

Wenn andere an uns schuldig geworden sind, uns zutiefst verletzt haben, mag es uns schwer fallen zu vergeben. Und wir mögen allen Grund dazu haben. Aber dadurch widerfährt uns ein zweifaches Leid. Zum einen das Leid durch die Handlung dessen, der an uns schuldig geworden ist. Zum anderen das Leid, das wir uns selbst zufügen in dem wir uns zu Geiseln unserer eigenen Rachsucht und Vergangenheit machen lassen. Wie viel Zeit verbringen wir damit, den anderen innerlich anzuklagen. Ärgern uns über die erfahrene Ungerechtigkeit und schmieden Pläne, um „es“ unserem Peiniger heimzuzahlen. Wir bauen uns aus unserer Vergangenheit selbst einen Kerker, verschenken unsere Gegenwart und vergiften unsere Zukunft.

Wohl dem, der lernt zu vergeben. Nicht nur, dass er demjenigen ein Geschenk macht, der auf Vergebung hofft. Selbst wenn sein Schuldner uneinsichtig bleibt, entlässt sich das Opfer selbst aus dem Gefängnis des ihm zugefügten Leides. Durch die Vergebung nimmt es seinem Schuldner endgültig die Macht. Manchmal wird das Bild gebraucht, dass Vergebung bedeutet, einen Schuldschein zu zerreißen. Ich gebe den Anspruch auf, den anderen Anklagen zu dürfen. Das heißt nicht, dass ich ihn deshalb plötzlich lieben muss. Es heißt, dass ich meine Forderung abschreibe. Damit hebe ich die Schuldbeziehung zwischen uns auf. Was bisher darüber verbunden war, ist nun gelöst. So kann Freiheit entstehen und neue Perspektive wachsen.

Es ist leicht darüber zu schreiben und mag schwer sein es emotional umzusetzen. Aber es ist eine der besten Chancen auf einen Neuanfang.

Bild & Text

Wer vergibt, befreit sich aus dem Würgegriff der Unzufriedenheit
und wird frei für eine bessere Zukunft.

Daten zum Bild


Bildnummer: Lyrimage_180523_Aufnahmeort_00146
Schlagwörter :

2024 002 Zimmer mit Aussicht

Die Geschichte zum Bild

Ein Dank an Harald, unseren norwegischen Vermieter, der es mir freundlicherweise erlaubt hat, diese Innenansicht seines Ferienhauses zu veröffentlichen. Harald hat sich Zeit genommen. Uns eine mehrstündige Rundtour durch „sein Land“ geschenkt. Einfach so. Ohne, dass wir ihn darum gebeten hätten oder er etwas dafür verlangt hätte. Er hat uns wunderschöne Plätze gezeigt und bewiesen, dass sich Menschen nicht kennen müssen, um gute Erfahrungen miteinander zu machen. Selbst wenn sie ganz unterschiedlich „ticken“ – was wir mit Sicherheit tun. Ich denke gern an Harald zurück.

Als ich dieses Bild aufgenommen habe, gab es weder den Text noch das Ziel, einen Text für dieses Bild zu schreiben. Der Text kam erst viel später, als ich mich mit neuen Ausstellungen beschäftigt habe, und der Kerngedanke der neuen Ausstellungsserie feststand: „Von innen nach außen – Kunst als Chance für Dialog und Verständigung.“ Ich suchte nach einem „Titelbild“ für die Ausstellung. Als mir das Zimmer mit Blick nach draußen wieder in die Hände fiel, und ich es eine Weile anschaute, wurde mir klar, dass für mich alles an diesem Bild auch zu den Gedanken passt, die ich mit der neuen Ausstellungsserie verbinde und auch transportieren möchte.

Ich glaube, dass manche von uns in der Gefahr stehen, sich „häuslich“ in Ihrer Welt einzurichten. Unsere Denkgebäude klingen schlüssig für uns. Würden sie das nicht, wäre das ja auch fatal. Aber wenn es „in uns“ heimelig wird, sehen wir zum Teil gar keine Notwendigkeit mehr, nach draußen zu treten und uns in der „Welt da draußen“ umzuschauen. Dabei ist es draußen mit Sicherheit viel bunter. Und natürlich auch viel windiger, aber dafür sehr häufig auch viel schöner. Natürlich ist es bisweilen eine Herausforderung, sich mit den Gegebenheiten „da draußen“ auseinanderzusetzen, und Wind, Regen und ab und zu auch Blitz und Donner gehören für manche nicht unbedingt zu dem, was sie gern ertragen. Aber die Welt „da draußen“ bietet uns trotzdem so viel mehr, als das Zimmer in uns. Und auch wenn es manchen schwerfällt, es zu glauben – erst „die anderen“ da draußen machen vieles von dem Möglich, was wir heute unsere Zivilisation und Kultur nennen. Deshalb passte für mich dieses Zimmer mit dem Blick nach draußen.

Die spannende Frage ist, wie wir es schaffen, miteinander zu leben. Vielfalt, Diversität und Inklusion sind heute gern bemühte Begriffe. Mir fallen drei weitere ein, ohne die die anderen nicht funktionieren werden. Achtung, Respekt und Toleranz. Aber Toleranz nicht in dem Sinne, dass wir alles, was die Anderen tun, gut finden sollen. Diese heute gern angenommene Bedeutung von Toleranz hat mit dem ursprünglich lateinischen Begriff „tolerare“ für „erdulden“/“ertragen“ nichts mehr zu tun. In einer toleranten Gesellschaft finden eben NICHT alle alles gut, was dort gedacht und getan wird. Wie sollte sie auch. Denn dann müsste es das EINE RICHTIGE geben, das alle zu meinen haben. Aber wo blieben dann in einer vielfältigen, diversen Welt die Vielfalt und die Diversität? Und wer würde darüber entscheiden? Einer? Oder eine kleine Gruppe „Mächtiger“? Das würde sich nicht vertragen mit unserem Wunsch nach Demokratie. Und gerade Demokratien zeichnen sich doch dadurch aus, dass unterschiedlich und auch kontrovers gedacht werden darf. Der Kitt, der eine solche vielfältige, diverse und inklusive Gesellschaft zusammenzuhalten vermag, sind die bereits erwähnten drei: Achtung, Respekt und Toleranz. Solange wir uns in Achtung und mit Respekt begegnen. Solange wir bereit sind, andere Meinungen, selbst die „falschen“, zu ertragen, solange sollte eine demokratische Gesellschaft funktionieren.

Natürlich benötigt auch eine solche Gesellschaft Grenzen. Erst diese Grenzen verleihen ihr am Ende die Identität, die es Individuen ermöglicht, zu entscheiden, ob sie dazugehören wollen oder nicht. Aber ich glaube, diese Grenzen können weit sein. Wie weit? Das hängt von unserem Respekt, unserer Achtung und unserer Toleranz ab.

Bild & Text

Dort, wo wir es wagen, mit dem, was wir denken, glauben und fühlen von innen nach außen zu treten, dort, wo wir uns sichtbar machen und in die Welt hinausgehen, entsteht die Gelegenheit zum Dialog und zu gegenseitigem Verständnis. Keine billige Gleichmacherei, sondern die Chance auf echte Toleranz und friedvolle Vielfalt.

Die Erde bietet Raum für viele Welten. Unsere Berufung ist nicht über diese Welten zu richten, sondern einander in gegenseitigem Respekt und Achtung zu lieben, selbst wenn wir bisweilen in dieser Liebe auch aneinander leiden.

Ich will nicht glauben, dass Hass und Aggression das Letzte sind,
was wir als Menschheit zustande bringen.

Wir können mehr.

Daten zum Bild


Bildnummer: Lyrimage_230904_Norwegen_00025
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